Ein 13-jähriges muslimisches Mädchen aus Marburg beschreibt die Inakzeptanz gegenüber ihrer islamischen Kultur an einer weiterführenden Schule.

„Letztens hat mich meine Lehrerin gefragt: Wie heiratet ihr, wie empfindet ihr, wenn ihr nicht liebt?

Dann habe ich geantwortet: Woher soll ich das wissen? Ich bin noch ein Kind. Ich weiß nicht so richtig, was Liebe ist. Keine Ahnung. Und dann habe ich halt gesagt, nach der Hochzeit lernt man sich kennen, sich verstehen und dann tauscht man Meinungen aus, damit man sich auch versteht. Dann empfindet man ja natürlich auch was, wenn man sich kennenlernt. Es ist auch ein Zeichen, dass die Eltern damit einverstanden sind, dass alle einverstanden sind; das nennt man dann Hochzeit.
Dann hat sie gesagt: Du darfst dir einen Mann aussuchen?
Dann habe ich gesagt: Nein, meine Eltern schlagen jemanden vor und wenn ich es will, dann nur…
Dann hat sie darauf gesagt: Vorschlagen naja, du musst doch auch was empfinden.
Dann habe ich gesagt: Die zwingen mich ja nicht! Wenn ich wirklich nichts will von dem, dann sage ich auch nein.
Dann hat sie okay gesagt.“

entstummt: Hast du es so empfunden, dass sie versucht hat, deine Meinung zu ändern?

„Ja, auf jeden Fall!“

entstummt: Wie kam das Thema eigentlich zur Sprache?

„Wir haben in unserer Schule regelmäßige Gespräche mit Lehrkräften; wie die Woche so lief. Dann hat sie was über Liebe gesagt, weil sie meinte, dass ein Junge mich mag und so. Dann hat sie mit Heiraten und so angefangen und dann habe ich ihr all das gesagt.“

entstummt: Ist das Gespräch für dich etwas Positives oder Negatives gewesen?

„Ich musste sie davon überzeugen, dass ich es wirklich nicht will!“

entstummt: Hast du dich als muslimisches Mädchen diskriminiert gefühlt?

„Ja, ein bisschen schon. […] Ja, die hat es akzeptiert und hat sich dann rausgehalten. Es ist ja nicht ihre Sache!“

Pädagogische Fachkräfte müssen lernen, andere Lebensentwürfe neben den eigenen zu akzeptieren und nicht auf den eigenen Werten zu beharren. Es kann nicht sein, dass muslimische Jugendliche an einer Schule sich für ihre Werte rechtfertigen müssen! Hier erscheint es unerlässlich, pädagogische Fachkräfte diskriminierungssensibel zu schulen, damit Vielfalt und Respekt Einzug in die Klassenräume findet!